Blick zurück

Als die Fans das Spielfeld in Zweierreihen säumten

Blick zurück auf die großen Zeiten von Eintracht und DJK Allersberg - Traditionsvereine bilden ab sofort eine Spielgemeinschaft

VON HANS PÜHN

So manchem Allersberger Fußball-Anhänger wird es hart ankommen, wenn er beim künftigen Studium der Fußball-Tabellen weder auf die „Eintracht“ noch auf die „DJK“ stößt. Stattdessen taucht in den Sportspalten eine SG Allersberg auf. Die beiden Traditionsvereine, die in der Vergangenheit einige glorreiche Kapitel Allersberger Fußballgeschichte geschrieben haben, begegnen mit einer Spielgemeinschaft den beiderseitigen personellen Problemen im Herrenbereich. Außerdem bilden in der neuen Saison die D-, E- und F-Jugendlichen beider Vereine eine Spielgemeinschaft. Während DJK und Eintracht der Not gehorchend, künftig gemeinsam an einem Strang ziehen, schwimmt mit der DJK Göggelsbuch jener Allersberger Fußballverein, der erst 1985 in den Spielbetrieb eingestiegen war, nach dem Aufstieg in die Kreisliga auf einer Welle der Euphorie. Auch im Hauptort wird der Erfolgsweg des Ortsteilvereins, der künftig drei Herren- und sechs Nachwuchsmannschaften ins Rennen schickt, mit großem Interesse verfolgt. Schade nur, dass Lokalderbys um Punkte zunächst einmal flach fallen. Ebenfalls auf der Strecke bleibt durch das Miteinander von Eintracht und DJK die in den vergangenen 15 Jahren als Dreierrunde ausgetragene Marktgemeinde- Meisterschaft. Nachstehend ein Rückblick auf Zeiten, in denen Eintracht und DJK noch auf getrennten Wegen für Furore sorgten.

Eine ausgeprägte Rivalität bestimmte lange Jahre das Verhältnis der Fußballer von DJK und Eintracht Allersberg. Ausgangspunkt war zu Beginn der 1950er Jahre der sogenannte Sportplatzkrieg in Allersberg. Die wiedergegründete DJK scheiterte mit ihrem Ansinnen, den Fußballplatz, den die Marktgemeinde an die Kolping-Sportgruppe „Eintracht“ verpachtet hatte, mitbenutzen zu dürfen. Ein Tauschgeschäft der Kirchenstiftung ebnete der DJK dann doch den Weg zu einem eigenen Sportgelände. Der Fußball in Allersberg rollte fortan auf zwei Spielfeldern, wobei sich die Kicker beider Vereine lange Jahre nicht gerade grün waren. Im Laufe der Zeit aber glätteten sich mehr und mehr die Wogen. Und als vor einiger Zeit erstmals von einer Spielgemeinschaft die Rede war, kam es prompt zu einem Konsens.

Die große Zeit der Eintracht mit dem Gewinn des Meistertitels in der Kreisliga und einer fulminanten ersten Saison in der Bezirksliga Nord liegt rund 45 Jahre zurück. Die DJK hatte ihre beste Zeit in den 1990er Jahren. Elf Spielzeiten in Folge gab sie in der Kreisliga ihre Visitenkarte ab. Der Allersberger Ausnahmefußballer Reinhold Schöll, der über 300 mal im Trikot des 1. FC Nürnberg auflief und dabei zweimal mit dem 1.FC Nürnberg den Sprung in die erste Bundesliga schaffte, hatte als Trainer seinen Heimverein zu einem der Aushängeschilder im Fußballkreis Neumarkt geformt.

Umzug der Meisterelf mit Bundesmusikkapelle und Maskottchen

Als es bei beiden Vereinen sportlich gut lief, kamen auch die Zuschauer in Scharen. Fußball war in Allersberg über Jahrzehnte hinweg ein großes Thema, wobei der Siegeszug der Eintracht in den 1970er Jahren alles andere in den Schatten stellte. Die Rasanz, mit der die Eintracht-Kicker binnen drei Jahren von der Kreisklasse an die Spitze der Bezirksliga stürmten, war der Auslöser für eine regelrechte Woge der Begeisterung in Allersberg. Besonders eindrucksvoll der Siegeszug der Eintracht in der Kreisliga. Am Ende der Saison hatten die Mannen um Spielführer Helmut Hochsam die direkten Verfolger Deining und Woffenbach meilenweit abgehängt. Von 26 Rundenspielen ging nur das Heimspiel gegen Pyrbaum verloren. Ansonsten gaben sich die Eintrachtler keine Blöße. Vor allem die Abwehr funktionierte tadellos. So musste Torwart Manfred Leonhardt in den 26 Spielen nur 17mal hinter sich greifen. Von den 58 Eintracht-Toren waren 25 auf das Konto von Linksaußen Nowak gegangen, der zusammen mit dem kampfstarken Mittelstürmer Karl-Heinz Nerreter ein brandgefährliches Angriffsduo bildete.

Anfang der 1970er Jahre blickte ganz Mittelfranken nach Allersberg. Die Eintracht war von der Kreisklasse an die Spitze der Bezirksliga Nord gestürmt. Das großformatige Foto der Kreisliga-Meistermannschaft der Eintracht Allersberg, die in der Saison 1971/72 die Konkurrenten weit abhängte, zieht im schmucken Sportheim der Eintracht noch immer viele Blicke auf sich. Stehend, von links: Spielleiter Meixner, die Spieler Nowak, Dinkel, Herzog, Schlierf, Werner, Marx, Nerreter und Spielführer Hochsam; sitzend von links: Igl, Dillmann, Wirth, Weindel, Leonhardt, Schaub, Hilbich und Trainer Braun.
Foto: Hans Pühn

Auch wenn fünf Spieltage vor Rundenschluss der Meistertitel bereits in trockenen Tüchern war, wurde das letzte Heimspiel der Eintracht gegen den Nachbarn aus Hilpoltstein zu einem besonderen Ereignis. Weniger nun wegen der sportlichen Auseinandersetzung, die die Truppe von Spielleiter Isidor Meixner und dem bayernligaerfahrenen Trainer Wastl Braun hochverdient mit 2:1 gegen die im Mittelfeld platzierten Burgherren gewann. Das Nachhinein hatte es in sich. Mit der Bundesmusikkapelle vorneweg, marschierten die Spieler bereits kurz nach dem Abpfiff im Sportdress durch die Marktgemeinde. Hinter den Musikern präsentierte sich die Schülermannschaft der Eintracht, die in der abgelaufenen Saison ebenfalls zu Meisterehren gekommen war. Start und Ziel des Festzuges, dem sich viele Fußballfreunde angeschlossen hatten, war das Sportheim. In der RHV konnte man tags darauf nachlesen, dass die Meisterspieler auch beim Feiern Kondition bewiesen. RHV- Chronist Hartmut Täufer hatte den Festzug samt dem Eintracht Maskottchen, einem Geißbock, der ebenfalls ein blau-weißes Trikot trug, im Bild festgehalten. Drei Tage später lobte bei der offiziellen Meisterfeier im vollbesetzten Saal des Schützenhauses nicht nur die Eintracht-Führungsriege die tollen Leistungen der Fußballer, sondern auch DJK-Vorsitzender Johann Schöll, der zudem das freundschaftliche Verhältnis der beiden Ortsclubs herausstellte. Während die Eintracht mit dem Sieg gegen den Nachbarn auch Hilpoltstein ihre Saison in der Kreisliga krönte, schloss die DJK Allersberg eine Klasse tiefer die Runde mit einem 1:1 beim abstiegsgefährdeten Nachbarn SV Seligenporten ab. Jenem SV Seligenporten, der im vergangenen Jahrzehnt zu einem erstaunlichen Höhenflug angesetzt hatte, die den Dorfverein bis in die Regionalliga führte.

In der Saison 1972/73 blickte ganz Mittelfranken auf die Eintracht aus Allersberg, die als Neuling die Bezirksliga Nord regelrecht aufmischte. Zumindest in der Vorrunde. Mittelstürmer Karl-Heinz Nerreter und seine Mitspieler erlebten in diesem Jahr sicherlich ihre schönste Zeit als Fußballer. „Bei unseren Heimspielen umsäumten die Zuschauer in Zweierreihen den Eintracht-Platz und sorgten stets für eine tolle Atmosphäre“, erinnerte sich der Torjäger. Und auch bei den Auswärtsspielen konnten sich die Allersberger auf ihren Anhang verlassen. Unvergesslich der Allersberger 2:1-Sieg beim TSV Höchstadt, dem eigentlichen Titelfavoriten, vor rund 2000 Zuschauern. Als die Eintracht Allersberg im November 1972 beim FSV Erlangen-Bruck dann um den Titel des Herbstmeisters spielte, hatten sich über 300 Eintracht-Anhänger in mehreren Omnibussen mit auf den Weg in die Universitätsstadt Erlangen gemacht. Die gewohnt abwehrstarken Allersberger gewannen durch Treffer von Verteidiger Schlierf und Außenstürmer Nowak verdient mit 2:0 und konnten sich dadurch bereits nach dem vorletzten Spiel der Vorrunde im Glanze des Vorrundenmeisters sonnen beziehungsweise von ihren vielen Fans feiern lassen.

Schiedsrichter bringt im Bezirksliga-Spitzenspiel die Volksseele zum Kochen

Die Bezirksliga war damals übrigens die fünfthöchste Spielklasse. Von den Fußballvereinen im neugeschaffenen Landkreis Roth rangierte nur noch der Traditionsverein TSV 1859 Roth vor den Eintrachtlern. Die Rother konnten sich eine Klasse höher, der Landesliga, ebenfalls den Titel des Herbstmeisters sichern. Im Saisonfinale schienen die Rother auf bestem Weg in die Bayernliga, als beim Mitkonkurrenten FC Amberg durch ein Tor von Fritz Volkert in letzter Minute ein viel umjubelter 3:2-Auswärtssieg gelang. Volkert wurde von Rother Anhängern auf den Schultern vom Platz getragen. Eine Woche später wurden im Saisonfinale gegen Absteiger FC Maxhütte-Haidhof die Rother Aufstiegsträume zum Albtraum. Der Gast aus Haidhof gewann sensationell in Roth mit 2:1 Toren. Unter anderem verschossen die übernervösen TSV-ler einen Elfmeter. Statt in Roth wurde so in Herzogenaurach gefeiert.

Eine Klasse tiefer sah es lange Zeit nach einem Durchmarsch des Aufsteigers Eintracht Allersberg in die Landesliga aus. Das vorentscheidende Heimspiel gegen Höchstadt aber verloren die Allersberger vor einer Rekordkulisse mit 3:4 Toren. In der Schlussphase hatten beim Stande von 3:3 zwei Schiedsrichter-Entscheidungen die Volksseele zum Kochen gebracht. Den Allersbergern wurde nach einem Foul an Nerreter ein Elfmeter verweigert. Wenig später nutzten die Gäste einen umstrittenen Strafstoß zum Siegtor. Ein Treffer, der an der Tabellenspitze zum Führungswechsel führte. Am Ende der Saison rangierte die Elf von Trainer Wastl Braun auf Rang vier der Bezirksliga Nord.

Doch Fußball-Mittelfranken war auf die Allersberger „Himmelsstürmer“ aufmerksam geworden. So wurden Manfred Leonhardt, der nach dem Allersberger Meisterjahr zum Bayernliga-Absteiger ASV Neumarkt wechselte, und Karl-Heinz Nerreter vom Bayerischen Fußballverband zu einem einwöchigen Lehrgang der Junioren-Bayernauswahl in die Sportschule München-Grünwald eingeladen.

Was insofern eine Auszeichnung war, als in den bayerischen Auswahlteams in der Regel nur Bayernligaspieler berücksichtigt wurden. Karl-Heinz Nerreter absolvierte zudem zweimal unter Trainer Zlatko („Tschik“) Cajkovsky ein Probetraining beim Bundesligisten 1. FC Nürnberg. Bevor der Club-Coach seine Entscheidung traf, beendete eine schwere Knöchelverletzung alle Hoffnungen des 21-jährigen Talentes aus der Marktgemeinde.

Während Manfred Leonhardt in Neumarkt mit Spielertrainer Steff Reisch, neunfacher Nationalspieler und Club-Ikone, die sofortige Rückkehr in die Bayernliga schaffte, stand die zweite Bezirksliga-Saison der Eintracht von Anfang an nicht gerade unter einem glücklichen Stern und endete schließlich mit dem Abstieg. Ein Abstieg, der eine Talfahrt einleitete. Am Ende der Saison 1976/77 der Tiefpunkt: Der einstige Bezirksliga-Tabellenführer war in der niedrigsten Spielklasse, der C-Klasse, angekommen. Die Erschütterung darüber hielt sich in Grenzen, weil Männer wie der spätere Ehrenvorsitzende Günter Richter Verantwortung übernahmen und dafür sorgten, dass das Vereinsgefüge der Eintracht Allersberg stabil blieb. Dass sich der Verein, der sich dank seiner guten Jugendarbeit sportlich schnell wieder erholte, auf seine Mitglieder verlassen kann, zeigte sich nicht zuletzt beim Bau des schmucken Sportheimes. Für Vorsitzenden Günter Richter, über Jahrzehnte auch ein engagierter Mitarbeiter dieser Zeitung, und seine Mitstreiter war die Einweihung des neuen Eintracht-Domizils ein Beweis dafür, was Gemeinsinn bewirken kann.

DJK unter Reinhold Schöll elf Spielzeiten in Folge im Kreisoberhaus vertreten

Nicht minder ausgeprägt war und ist bei den Mitgliedern der DJK Allersberg die Bereitschaft, mit anzupacken, wenn große Vorhaben anstehen. Ende der 1960er Jahre wurde an dem Gelände an der Nürnberger Straße eine Flutlichtanlage installiert und eine Tribüne gebaut. Die Zahl der DJK-Fußballteams stieg bereits 1973 auf 13 Mannschaften an. Nach dem Bau einer Turnhalle (1980 bis 1983), die der Verein bei Kosten von 800 000 Mark aus eigener Kraft schulterte, gesellten sich zu den Fußballern eine Volleyball-, Tischtennis- und Damengymnastiksparte. Die Zahl der Mitglieder überschritt dadurch erstmals die 400er-Grenze. Der Bau eines B-Platzes (Einweihung 1987) ermöglichte die umfassende Renovierung des A-Platzes. Eigenleistung großgeschrieben wurde auch beim Bau eines Beach-Volleyballfeldes und einer Asphaltstockbahn. In Johann Schöll hatte der DJK-Verein, der heute sieben Abteilungen zählt, eine Leitfigur im besten Sinne des Wortes. Nicht weniger als 39 Jahre lang führte Johann Schöll, der Onkel des Allersberger Erfolgstrainers Reinhold Schöll, die DJK als Vorsitzender.

An einem Donnerstagabend im Mai 1989 lehrten die DJK-Spieler ihrem Trainer Reinhold Schöll das Fliegen. Der langjährige Club-Profi hatte seinen Heimatverein auf Anhieb in die Kreisliga zurückgeführt und in den Folgejahren dazu beigetragen, dass die DJK Allersberg zu den etablierten Kreisligisten der 1990er Jahre zählte.
Foto: Hans Pühn

An der stabilsten Phase der DJKFußballer hatte Reinhold Schöll maßgeblichen Anteil. Er führte die DJK Allersberg in der Saison 1988/89 in die spielstarke Kreisliga, in der die „Schöll-Elf“ dann nicht weniger als elf Spielzeiten in Folge ihre Kreise zog. Wurde es im Kampf um den Liga-Verbleib einmal eng, schnürte der ehemalige Clubprofi noch einmal die Fußballstiefel. Schon als Nachwuchsspieler war Reinhold Schöll der Garant für eine spielstarke A-Jugend-Mannschaft, die in der zweigeteilten mittelfränkischen Bezirksliga und damit in der damals höchsten Spielklasse für Jugendteams die Farben der DJK vertrat. An ein Heimspiel gegen den Clubnachwuchs erinnert sich Schöll nicht besonders gerne. Zwar boten die Allersberger dem Nachwuchs des Bundesligisten Paroli, doch Reinhold Schöll wurde „Opfer“ einer Attacke seines Gegenspielers Norbert Eder, der ihn mit dem Fußballschuh im Gesicht traf. Die erbosten Zuschauer stürmten daraufhin den Platz. Das Spiel musste beim Stande von 1:1 abgebrochen werden. Eine Saison später trug Reinhold Schöll selbst das weinrote Trikot des Clubs, mit dem er sich auf Anhieb den deutschen Meistertitel für A-Junioren sicherte.

Nach seiner Profi-Karriere kehrte Reinhold Schöll in seine Heimatstadt Allersberg zurück. Zum einen, um das kleine Kaufhaus seiner Eltern weiter zu einem modernen Sportfachgeschäft auszubauen, und zum anderen, um dem Allersberger DJK-Fußball neue Impulse zu verleihen. Er übernahm 1988 eine Mannschaft, die in der Saison zuvor gerade noch den Abstieg aus der Kreisklasse vermieden hatte. Aus dem gleichen Kader formte Schöll ein Team, das nun die Kreisklasse eindeutig dominierte und sich bei 28 Spielen nur einmal geschlagen geben musste. Im Nachholspiel gegen Weinsfeld am 25. Mai 1989 machten die DJK-ler mit einem 3:0-Sieg die Meisterschaft vorzeitig perfekt. Der Jubel darüber fand einen wortwörtlichen Höhepunkt. Die Spieler nämlich hievten ihren Trainer ein ums andere Mal nach oben. Der Aufstieg hatte Langzeitwirkung. Dank auch Torjäger Hubert Fries, einem der Nachfolger von Reinhold Schöll als Trainer. Lang, lang ist’s her.


Bericht aus der Hilpoltsteiner Zeitung vom 28.07.2018